06-05-2013

GfK-Übungsgruppe_B

Braunschweig

Warum eine GfK-Übungsgruppe?

Marshall Rosenberg sagt, dass für die meisten Menschen die GfK wie eine Fremdsprache ist.

Es gibt Grundregeln, Vokabeln aber es gibt auch eine andere Art mit den Gedanken und Gefühlen umzugehen. Das ist sehr ungewohnt und bedarf der Übung. Es genügt nicht, sich rein theoretisch mit der GfK vertraut zu machen. Es ist sogar weitgehend nutzlos das zu tun.

Das würde selbst im Falle der Mathematik nicht genügen, obwohl das ein rein intellektuelles Arbeitsfeld ist. Auch Mathematiker müssen üben, praktizieren. Wenn man die einzelnen Techniken, Denkungsarten, Vorgehensweisen usw. nicht wirklich geübt hat, fallen einem angesichts eines schwierigen Problems einfach keine guten
Lösungswege ein.

Für Menschen, die sich gerade erst theoretisch mit der GfK befasst haben, z.B. durch das Lesen eines Buches über GfK, ist es eine Überforderung, diese ungewohnte Denk- Fühl- und Sprechweise in einer emotional belastenden Situation zu üben. Im Falle von GfK würde das bedeuten, in die alten Fühl-, Denk-, Sprach- und Handlungsmuster zurück zu fallen.

    Wenn man mitten im Konflikt versuchen würde, sich in GfK zu üben hat man es nicht nur mit dem ursprünglichen Konflikt zu tun hat, sondern gleichzeitig mit unverhältnismäßig vielen Erschwernisse auf ein Mal:
  1. Der Konflikt an sich,
  2. die aus dem ungelösten Konflikt entstehende Gefühlslage, der Affekt,
  3. die Übung in GfK,
  4. die Irritation anderer über eine versuchsweise Verhaltensänderung,
  5. der Mangel an Erfahrung mit den GfK-spezifischen Methoden der Übung.
  6. die gleichzeitige Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse und der des Konfliktpartners,
  7. die Unsicherheit über Erfolg oder Misserfolg einer nicht etablierten Methode,
  8. die Außenseiterposition / keinen Helfer

Das riecht nach Überforderung, oder?

1) Ein Konflikt entsteht meistens, wenn tatsächlich oder absehbar ein oder mehrere Bedürfnisse der Konfliktparteien nicht erfüllt werden. Daher ist der Konflikt immer eine Mangelsituation, eine Belastung.

2) Wann immer unsere Bedürfnisse nicht erfüllt werden, führt das zu Gefühlen, unangenehmen natürlich. Dieser Zustand unseres Gemüts, dieser Affekt, kann uns dominieren, das rationale Denken beeinträchtigen usw. und stellt von daher einen sekundären Konflikt da, der die Lösung des primären Konfliktes zusätzlich erschwert.

3) Eine Übung erfordert volle Aufmerksamkeit. Darin etwas zu üben, dass man noch nicht kann, liegt eine Schwierigkeit, eine Herausforderung. Insbesondere ist es eine Schwierigkeit anzufangen etwas zu üben. Das muss nichts unangenehmes sein, ist aber immer etwas anstrengendes. Eine Übung, die nicht anstrengend ist, ist keine Übung. Nur durch Bemühen, durch Anstrengung kann Veränderung bewirkt werden. Eine unzweckmäßig gestaltete Übung kann anstrengend sein, ohne effektiv zu sein, aber auch eine optimal zweckmäßig gestaltete Übung kann nicht effektiv sein, ohne anstrengend zu sein.

4) Gewohnheitsmenschen, Gewohnheiten mit bestimmten Menschen
Die GfK wird oft benutzt um emotional festgefahrene Konflikte aufzulösen. Das sind Konflikte zwischen zwei Menschen oder Menschengruppen, die sehr starke emotionale Bezüge zueinander haben, die sich schon länger kennen und demzufolge auch feste Ansichten über einander haben und eingefahrene Gewohnheiten der Kommunikation. Das könnte z.B. eine erwachsene Tochter und ihre Mutter sein, oder ein Ehepaar, dass schon lange verheiratet ist. Es ist sehr schwer, in so eine alte Beziehung eine neue Art der Kommunikation einzuführen. Es ist zudem meistens so, dass nur eine Partei überhaupt die ehrliche Absicht hat, die Möglichkeiten der GfK zu nutzen, um eine qualitative Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehung zu erarbeiten.

Solche, seit Jahrzehnten einstudierte Verhaltensmuster zu durchbrechen ist wirklich sehr schwer. Und oft führt schon der Versuch etwas neues einzuführen zu einem Konflikt an sich, denn Neues, Ungewohntes, Unerwartetes, Unbekanntes erzeugt meistens Angst oder Misstrauen, besonders, wenn es an gewohnten Plätzen auftaucht. Ja, wenn die Veränderung dazu führen würde, dass das passiert, was man sich schon immer gewünscht hatte ... aber das tut sie so gut wie nie. In der ersten Übungs-Phase kommt der GfK Übende mehr zu sich selbst. D.h. er ist weniger manipulierbar. Das ist meist nicht, was sich das Gegenüber wünscht.

5) Nicht nur habe ich die GfK-Fähigkeit noch nicht entwickelt, ansonsten es ja keine Notwendigkeit zur Übung gäbe, auch kenne ich den GfK-Übungsweg, die Methoden der Übung noch nicht. Aller Anfang ist schwer. Ich weiß, wie man Vokabeln paukt, wie man für einen Langlauf trainiert, und worauf ich achten muss, damit meine tägliche Meditation nicht vergebens ist. Aber wie übt man einfühlsame Kommunikation? Worauf muss man dabei achten? Welche Art zu üben ist effektiv, welche Zeitverschwendung und welche nur frustrierend?

6) Wenn ich Vokabeln lerne, laufen übe oder meditiere, habe ich es im Wesentlichen nur mit mir selber zu tun. Aber an Konflikten sind üblicherweise zwei Parteien beteiligt. Das verdoppelt den Schwierigkeitsgrad noch einmal. Spätestens bei echten GfK-Übungen lerne ich, wie wichtig es ist, zuerst für mich selbst gut zu sorgen. Aber eben nicht nur für mich selbst, nur zuerst.

7) Wenn ich Vokabeln lerne oder laufen, dann habe ich vorab bewährte Maßstäbe, an denen ich meinen Erfolg meist sogar sehr zeitnah und in verhältnismäßig überschaubaren Abschnitten überprüfen kann. Aber woher weiß ich, wie gut ich in der GfK voran gekommen bin? Ist das jetzt ein Fortschritt oder nicht, wenn mich mein Konfliktpartner ungläubig anschaut? Wer soll mir die Maßstäbe dafür vermitteln, zumal mein soziales Umfeld i.d.R. nicht GfK-kompetent ist und es zudem es selbst unter denen, die meinen mit GfK zu tun zu haben, etliche „Theoretiker“ und Möchtegerne gibt, die ich, weil ich selbst Anfänger bin, noch nicht so gut von den Könnern unterscheiden kann?

8) Zudem verhält sich meine Umwelt meistens nicht kooperativ. Wenn ein Kind schreiben lernt, werden fast alle dafür sein. Jeder wird sagen: „Ja, mach' das, das braucht man im Leben!“ Viele werden bereit sein, die Übung des Kindes in dieser anerkannten Kulturtechnik zu unterstützen. Das Kind soll sich dahin entwickeln, wo die Älteren in der Gesellschaft, wo die Mehrheit schon ist. Das macht es natürlich viel leichter. Aber im Falle der GfK wollen wir uns dahin entwickeln, wo die Mehrheit schon lange nicht mehr ist, schon seit Jahrtausenden nicht mehr. Wir arbeiten und üben also gegen den z.T. sogar erklärten Widerstand der Mehrheit. Es wäre wirklich sehr dumm zu glauben, man könne das zudem "life" mitten in der belastenden Konfliktsituation tun, ohne gleich in die alten Muster zurück zu fallen, die wir uns zu unserem vermeintlichen "Schutz" antrainiert haben.


Warum nicht alleine?

Für die ersten Übungen ist es am effektivsten in einer Gruppe von wohlwollenden und selbst an der GfK interessierten Menschen, mit denen wir noch keine emotionalen Desaster erlebt habe, über die wir uns noch keine festen Ansichten und Vorurteile gebildet haben, die gemeinsam mit uns, neugierig und spielerisch an dieses hochinteressante Thema heran gehen wollen, zu üben.

In Rollenspielen können psychologisch und kommunikativ ausgerichtete Übungen am wirkungsvollsten gemacht werden. Im Grunde kann man die GfK natürlich auch mit sich selbst üben, insbesondere, da der Mensch auch immer einen inneren Dialog führt und die GfK auch und gerade dort eine sehr positive Wirkung entfalten kann. Aber andererseits ist der Mensch mit dem wir den inneren Dialog führen, ein uns sehr bekannter Mensch, mit dem wir die älteste Beziehung überhaupt haben, über den wir die festesten Ansichten haben und der im Grunde für alles "schlechte" verantwortlich zu machen ist, das uns jemals zugestoßen ist. Mit keinem anderen Menschen haben wir derart feste Kommunikationsgewohnheiten, wie mit uns selbst. Wir sind für uns selbst der schwierigste Übungspartner, den es gibt.

4 Augen sehen mehr als zwei:

Und 10 Ohren hören auf so unterschiedliche Art, dass kaum noch jemand die Chance hat, sich selbst etwas vor zu machen, wie das bei der Übung nur mit sich selbst leicht passieren kann. Nur zu leicht kann man sich sagen: "Aber, ich habe doch alles richtig gemacht, habe die 4 Schritte eingehalten usw. Der Fehler liegt einfach bei meinem Gegenüber, der kooperiert einfach nicht!!" Die Gruppe wird Dir schon erläutern, was schief gelaufen ist, und warum es so gekommen ist, wie es kommen musste. Und mit der Hilfe der Anderen wirst Du lernen, wie Du es besser machen kannst. "Our goal is not to become perfect, it is to become progressively less stupid." MBR ;-)

Regelmäßigkeit und Wiederholung:

Jede Übung ist ein Kampf gegen das Vergessen, Verlernen und die Erosion. Regelmäßigkeit ist da sehr hilfreich. Immerhin leben wir hier „unter Wölfen“ und sind starken erosiven Kräften ausgesetzt. Sich regelmäßig unter die anderen Lern-Giraffen zu begeben, schafft einen erholsamen Ausgleich für das Gemüt. Der normativen Kraft des Faktischen wird die Inspiration durch das Exemplarische entgegen gestellt, wieder und wieder. Die Dominanzkultur hat Jahrtausende unser Wertesystem geprägt. Bis wir diese Spuren in uns getilgt und gegen etwas besseres ersetzt haben, ist es noch ein sehr langer Weg. Die Übung der GfK ist keine Angelegenheit von Wochen oder Monaten, sondern Lebenszeiten, von Generationen. Wenn man also 2 Mal in der Woche ins Fitnessstudio geht, um keinen Speck anzusetzen, warum nicht auch einmal in der Woche zur GfK-Übungsgruppe, um den Wolf abzuspecken und die Giraffe zu füttern?

Arbeitsteilung:

Wenn man ein großes Problem hat, bewältigt man es am besten, indem man es in viele kleine Teile teilt und diese einzeln bearbeitet. Oder man teilt sich die Arbeit, indem mehrere Personen an der gleichen Sache arbeiten, am besten arbeitsteilig, sich spezialisierend. Die Arbeit im Team macht sowieso immer mehr Spaß als alleine. Damit überwindet man nicht nur die kleinen Anfängerproblemchen, sondern auch größere, ernstere Probleme.
Oder, wie SHIVA sagte: Organisation ist Stärke im dunklen Zeitalter.