Was bedeutet es wirklich, wenn jemand sagt: "Unkosten"?
Wie Bastian Sick schon
in seiner Zwiebelfisch-Kolumne
zur {doppelten} Verneinung berichtete, ist der Begriff der sogenannten Unkosten
mit Misstrauen zu betrachten. Er definiert sie als 'lästige' Kosten und die
Wikipedia
als nicht kaufmännisch.
Die Vorsilbe un
bezeichnet hier ganz klar eine negative Konnotation, im Gegensatz zu einer Verneinung
wie bei Unbedenklichkeit. Es handelt sich also nicht um 'keine' Kosten
oder gar um das Gegenteil von Kosten, also um Einnahmen. Alle Wörter, die
die Vorsilbe 'un' als zusätzliche, das Wort in seiner Bedeutung verändernde,
Ergänzung tragen, sind Verneinungen oder Gegenteile des unveränderten
Wortes. Die Ausnahmen von dieser Regel sind ganz offensichtlich Unworte, also
Wortbildungen, die es so nicht geben sollte, die offensichtlich sachlich falsch
sind, sich aus sachlicher Unkenntnis ergeben haben, wie das Wort Untiefe in seiner
angeblichen Bedeutung als 'zu tief'. Ursprünglich bedeutet Untiefe, dass
es nicht tief ist, also eine klare Verneinung von tief. Das Wasser ist nicht tief
genug, damit das Boot ungehindert passieren kann. Das ist die Bedeutung des seemännischen
Fachbegriffes. Die nicht seemännische Landratte, die noch nicht einmal gut
schwimmen kann und nie ein Boot gesteuert hat, hält eine Untiefe für
den Teil des Wassers, der so tief ist, dass die Landratte darin ertrinken wird.
Das wäre eine 'unkompetente' Wortbildung, wenn Kompetenz nicht aus dem Lateinischen
käme und daher mit 'in' negiert wird. So ist es also ein inkompetente Wortbildung,
genauer gesagt keine Bildung eines Unwortes sondern eine unrichtige Benutzung
eines klar definierten Wortes.
Warum macht die Landratte das? Weil sie vor dem tiefen Wasser Angst hat.
Also genügt es ihr nicht, dass Wasser einfach tief zu nennen, es muss untief
werden, um anzuzeigen, dass es zu tief ist um ungefährlich zu sein. In der
Angst vor der Tiefe geht der Landratte die Logik verloren und sie benutzt die
negierende Vorsilbe 'un' statt eine verstärkende Vorsilbe wie 'über'
zu verwenden, was sich der ängstlichen Landratte auch deshalb nicht anbietet,
weil nur der Betrag der Tiefe zu groß ist, der Vektor aber negativ ist,
was nach gefühlter Logik eher mit 'unter' zu bezeichnen wäre, und die
Abstraktionsfähigkeit im Moment der Angst meist unverfügbar ist. Aufgrund
von Negationen von allgemein positiv konnotierten Wörtern, die dann zu Inbegriffen
des Schlechten führen, wie: Unhold, Unordnung, Ungeheuer, unmöglich,
unerträglich etc., erscheint es dem sprachlich inkompetenten so, als
ob 'un' nicht einfach die Umkehrung anzeigt, sondern an sich etwas sehr schlechtes
wäre und sich daher als Vorsilbe für alles nicht nur im rein logischen
Sinne zu negierende sondern auch im gefühlten Sinne zu verabscheuendem eignen
würde, was aber falsch ist. (Selbstverständlich gibt es auch nicht wirklich
Unworte, denn, was wäre die logische Umkehrung von Wort? Es gibt nur die
unrichtige, unangemessene, Unverständnis stiftende Anwendung von Worten.)
Wie kommt es also zur Bildung von Unkosten?
Würde man den Begriff ernst nehmen, dann wären es Kosten, die unnötig
sind, also Resultate von Fehlplanungen. Wenn etwas angeschafft wird, was man nicht
braucht, worauf hin es womöglich auch noch Lagerplatz in Anspruch nimmt und
somit weitere Kosten verursacht, ohne jemals einen entsprechenden Nutzen zu erbringen,
dann könnte man Anschaffung und Lagerung unter Unkosten verbuchen, wenn eine
fachlich korrekte Buchhaltung eine solche Kostenstelle zulassen würde. Seinem
Boss eine Aufstellung von Kosten zu unterbreiten, in denen Unkosten erwähnt
werden, ist ein Kündigungsgrund, weil man daraus sofort ersehen könnte
und mit dem Begriff der Unkosten sogar deutlich macht, dass man nicht in der Lage
war, eine fachlich kompetente Planung durchzuführen, man also selber weiß,
wie fehlerhaftdie die Planung ist, man also wissentlich plant Gelder der Firma
zu verschwenden, für nix. So jemanden kann man nur noch entlassen und zwar
in eine geschlossene Anstalt, weil er offensichtlich eine Gefahr für sich
und andere darstellt.
Wie oben schon angedeutet, handelt es sich um eine unfachmännische Wortbildung-
und Benutzung, nur dass es sich hier nicht um eine Person ohne nautische Fachkenntnisse
handelt, sondern ohne hinreichende wirtschaftliche Kompetenz. So sind dem Unerfahrenen
also entweder die Kosten, die aufgrund seines Mangels an Erfahrung zusätzlich
zu den geplanten Kosten auflaufen könnten, um dann später als unerwartete
Kosten große Probleme zu bereiten, ein Greul und Quelle seiner Angst.
Eine weitere häufige Benutzung ist der Unkostenbeitrag,
um den allenthalben gebeten wird. Warum sollte sich jemand daran beteiligen wollen,
eine Fehlplanung finanziell mit zu tragen? Nun, in diesem Falle handelt es sich
meistens, hoffentlich, nicht um eine Fehlplanung im wirtschaftlichen Sinne, sondern
um einen Mangel an Anerkennung und Wertschätzung, denn die Kosten, für
die der Beitrag erbeten wird, sind regelmäßig reguläre Kosten
für Unterbringung, Verpflegung, Raummiete etc., wie sie bei jeder Veranstaltung
anfallen. Warum werden solche Kosten ver-un-glimpft? Wegen des oben erwähnten
Mangels an Wertschätzung. Selbstverständlich kostet Verpflegung etwas
und ist auch eine sinnvolle, ja meist notwendige Angelegenheit. Sie verdient deshalb
eine Wertschätzung von Seiten der Teilnehmer und Veranstalter. Nun sind es
aber nicht die Teilnehmer, die un-wortbildend von Unkosten reden, sondern es sind
die Veranstalter, die die Verpflegung, die sie selber nicht bekommen, nicht hinreichend
wertschätzen. Für die Veranstalter steht der Inhalt der Veranstaltung
im Vordergrund, ihre 'Message', der Zweck der Veranstaltung und der ist nun mal
nicht die Fütterung der Massen, diese ist ihnen eher lästige Pflicht.
Insbesondere bei Veranstaltungen, die im wesentlichen Werbecharakter haben und
daher möglichst preiswert sein sollen, fehlt es den Veranstaltern an unmittelbarem
finanziellem Gewinn. Da ist es nachvollziehbar, dass sie die Kosten so gering
wie möglich halten wollen, aber da sie um die Lebensnotwendigkeiten leider
nicht drum herum kommen, diese wenigstens nicht aus eigener Tasche bezahlen wollen.
"Helfen" ja, aber nicht auf eigene Kosten, sondern nur mit guten Worten
und zu allererst sich selbst durch gute Werbung, die dann zu Aufträgen führen
soll, die dann anständig honoriert werden. Das Honorar, also die Ehrung der
in Anspruch genommenen Leistung, ist das Gegenteil von Unkosten: es kann nicht
hoch genug sein; es wird nicht mit den Teilnehmern geteilt, und am liebsten spricht
man gar nicht darüber, behält es in jeder Hinsicht für sich, denn
das Gegenstück ist die eigene Leistung, die intellektuelle zumeist, der Ausdruck
des eigenen Ego. Wer ein Honorar erhält, gehört ganz klar zur privilegierten
Schicht und wer sich an Unkosten beteiligt, hat offensichtlich nicht das Geld
für eine 'richtige' Veranstaltung, die einen 'anständigen' Preis hat,
so dass der Veranstalter nicht um Unkostenbeiträge betteln muss.
Einen Unkostenbeitrag einzufordern ist eine Form des Jammerns.
Klappern gehört zum Handwerk und jammern beugt der Ansicht vor, man würde
zu viel verdienen, wobei in manchen psycho-sozialen Kontexten das Verdienen an
sich, so in Verruf geraten ist, dass man glaubt, den Anschein erwecken zu müssen,
man würde von Luft und Liebe leben. Der
hilflose Helfer ist ein Mensch, der nicht glaubt, um seiner selbst willen
geliebt werden zu können und sich deshalb so gut wie möglich mit seinen
Hilfeleistungen unersetzlich macht, um damit seine Existenz zu rechtfertigen und
Beziehungen zu sichern. Wenn also andere mithelfen müssen, einen Beitrag
zahlen müssen, dann ist es dem Helfer sehr wichtig, darauf hin zu weisen,
dass dies nicht für ihn ist, dass er daraus keinen Gewinn zieht. Unkosten
ist dann ein Euphemismus für "Es wird keinen Überschuss geben,
schon gar nicht für mich, ich mache das alles doch nur für Euch, und
wahrscheinlich zahle ich noch drauf, also habt ruhig ein schlechtes Gewissen,
wenn ihr nichts weiter tut, als euch an den Un-vermeidlichen-Kosten dafür,
dass ihr mir die Haare vom Kopf fresst, zu beteiligen!"
Man hat es bei Unkosten also entweder mit Fehlplanungen zu tun,
Jammerlappen oder beidem. Jemand mit einem ausgeprägten
Selbstwertgefühl würde so einen negativ konnotierten Ausdruck nicht
in seinen Planungsunterlagen dulden.
27-2-2014