Psychologie.Aspekte.Erfolgsverhinderung

Spätestens seit dem Kapitel "Vor Ankommen wird gewarnt" von Paul Watzlawick wissen wir um den Mechanismus, der die negative Ausprägung der Weisheit "Der Weg ist das Ziel" darstellt.

Die konventionelle Vorgehensweise:
Ein Ziel wird so definiert, dass es nicht wirklich erreichbar ist, eine - unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten - höchst unökonomische Vorgehensweise, wie es scheint. Da die unrealistische Definition des Zieles aber zur Folge hat, dass man nicht nur nicht ankommt, sondern gar nicht erst los geht, wird - so gesehen - keine Energie verschwendet.

Diagnose:
Normalerweise kann man diese "Fehlfunktion" bei sich und anderen leicht erkennen. Man muß nur abschätzen, ob ein vorgebliches Ziel erreichbar ist, oder nicht. Außerdem muss man beobachten, ob konkrete Schritte unternommen werden, das Ziel zu erreichen. Wenn das Ziel unerreichbar erscheint, aber dennoch konkrete Schritte unternommen werden, liegt der Fall nicht so einfach. Dann muss man sich fragen, ob im Sinne des "der Weg ist das Ziel" die unternommenen Schrite an sich einen echten Wert darstellen, ein echtes Bedürfnis befriedigen.

Maskierung durch die erste Ableitung:
Normalerweise kann das Vorliegen eines zum Zwecke der Unerreichbarkeit definierten Zieles leicht erkannt werden, weil das Ziel in konventioneller Weise als hoch definiert worden ist. Wenn ich für den Hochsprung mein Ziel doppelt so hoch wie mich selbst definiere, ist es also ganz offensichtlich, dass ich ein Problem mit der Zieldefinition habe. Um vor sich und anderen das Vorliegen einer unrealistischen Zieldefinition möglichst gut zu verbergen und diese Vorgehensweise zu maskieren, damit sie nicht der Kritik ausgesetzt ist, kann man die erste Ableitung von hoch, groß oder dergleichen bilden. So, wie die Geschwindigkeit die Ableitung der Strecke in einem Zeit/Weg-Diagramm ist, so ist die Gleichheit die erste Ableitung von Größe. Ich definiere also nicht, dass ein potentieller Partner größer als ich sein soll, sondern dass er gleich groß sein soll. Würde ich eine besondere, eine ungewöhnliche Größe vorgeben, so ist das Element des unrealistischen sofort sichtbar. Bin ich als Mann 1,90 m und sage, ich suche eine Frau die mindestens 2 m groß ist, wird man mich auslachen. Sage ich aber, sie soll auch 1.90 m groß sein, so wird man mir zustimmen, dass das selten erreicht wird, Verständnis aufbringen für meinen nachvollziehbaren Wunsch und mir viel Glück wünschen. Frauen um 1,90 m sind sicher selten, aber vorhanden. Sollte sich tatsächlich mal eine Melden, die z. B. 1,91 oder 1,89 groß ist, kann ich immer noch die Schlinge der Gleichheit beliebig eng ziehen und sagen: Nicht ungefähr so groß wie ich, sondern genau so groß. Denn die zweite Ableitung der Größe ist die Genauigkeit. So wird durch die Grundforderung der Gleichheit, der Symmetrie oder anderer Formen der Einheit die Definition eines unerreichbaren Zieles wirkungsvoll maskiert und durch zusätzliche Anwendung der Forderung nach Genauigkeit der Verhinderungsmechanismus beliebig effektiv.